Sommerkonzert 1997

Kritik in der Süddeutschen Zeitung

Wunderbarer Solist mit verhaltenem Orchester

Nur Trompeter Josef Bierlmeier verleiht dem Garchinger Konzert des IPP-Orchesters Glanz

Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Sommerkonzert 1997
am 7. Juli 1997 im Garchinger Bürgerhaus
von Nicole Graner

Garching – Ein schönes Programm hatte Wolfram Graul für das Konzert des Garchinger Orchesters des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik zusammengestellt. Das 52 Mann starke Orchester unter seiner Leitung spielte selten aufgeführte und unbekannte Werke verschiedener Komponisten. Eine musikalische Reise durch die Zeiten versprach das Konzert im Garchinger Bürgerhaus zu werden. Johann Christian Bach, der jüngste Bach-Sohn (1735-82) hat neben Suiten und Klavierkonzerten über 90 Sinfonien komponiert. In der Musikgeschichte gilt er als Wegbereiter zur klassischen Sonate. Die Verschmelzung von italienischen und französischen Kompositionselementen ist auch in der Sinfonia B-Dur zu hören. Liebliche, verspielte Barockharmonik oder majestätisch anmutende Kantilenen wechseln sich einander ab, die Melodik erinnert an ein strahlendes, italienisches belcanto. Ganz unaufdringlich wirkt diese Musik, ganz graziös. Kaum kann man verstehen, daß Johann Christian Bach nur so selten auf den Konzertpodien der Welt zu hören ist. Unaufdringlich heißt aber nicht schleichend oder wenig pointiert. Die Sinfonie lebt von einer empfindsamen Lebendigkeit, von verspielter Freude. Das IPP-Orchester unter der Leitung von Wolfram Graul vermag diese verhaltene und doch freudige Empfindsamkeit nicht auszudrücken. Zu bescheiden und zu verhalten, insgesamt schleppend, wirkt das Andante. Von Phrasierungsfreiheit ist nicht viel zu spüren. Auch das Presto nimmt Graul zu langsam. Die Sinfonie gerät zu schwer und verliert dadurch an der filigranen Zerbrechlichkeit, die doch mitschwingen müßte, sie verliert an Tempo und Leichtigkeit. Auch im Konzert für Trompete, Streicher und Continuo Nr. 2 in EsDur von Johann Wilhelm Hertel vermißt man Temposteigerungen und Pointierungsfreude. Allein Solist Josef Bierlmeier, Solotrompeter beim Münchner Rundfunkorchester, gelingt es, mit einem wunderschönen Ton und lebendigen Phrasierungen dem Werk musikalischen Glanz zu verleihen. Sein Spiel hat einen Spannungsbogen, den das Orchester leider nur selten aufgreift und musikalisch folgen kann. Ein Höhepunkt ist sicherlich das „Little Concerto für Double Bass and String Orchestra“ von Gordon Jacob (1895 – 1984). Frank Reinecke (Kontrabaß) ist ein Hörgenuß. Feinfühlig und doch kraftvoll setzt er, spielerisch unglaublich versiert, Akzente und reißt (endlich!) das Orchester mit. Jacobs „Concerto“ ist eine interessante Symbiose aus moderner Meloditik, experimentellen Tonfigurationen und verspielter Empfindsamkeit. Absolut hörenswert! Der Schlußpunkt des Programms sollte die beschwingte Böhmische Suite, D-Dur, op. 39 von Anton Dvorak sein. Die Beschwingtheit gelingt dem IPP-Orchester, doch störten eine unsaubere Stimmung und ungenaue Einsätze das Gesamtbild. Zu brav nimmt Wolfram Graul die Polka. Das Allegro giusto ist lieblich und hat doch zu wenig Nachdruck. Lediglich im Finale gelingt Graul eine Steigerung: Da endlich hat das Orchester Kraft und Präsenz. Schade, denn das hätte man an vielen Stellen des Konzerts oft zu hören gewünscht. So plätscherte das Konzert, trotz interessantem Programm, ohne große Höhepunkte dahin und läßt die schon von jeher verschmähten und selten aufgeführten Kompositionen, ohne nennenswerten Nachklang, beim Publikum wieder in der Versenkung verschwinden.

Kritik im Münchner Merkur

In der Welt der Noten und der Physikformeln zu Hause

Gastsolisten brillierten mit dem Symphonieorchester des Max-Planck-Instituts

Kritik aus dem Münchner Merkur zum Sommerkonzert 1997
am 7. Juli 1997 im Garchinger Bürgerhaus
von Charlotte Becker

Garching – Es kann kein Zufall sein: Max Planck suchte am Klavier Entspannung. Einstein konnte ohne Geige nicht sein, selbst zu den Sitzungen in die Akademie kam er mit Geigenkasten. Werner Heisenberg war ein beachtlicher Pianist. Auch das Orchester des Garchinger Max-Planck-Instituts zeigte bei einem Konzert sein Können. Zwischen Naturwissenschaftlern und Musikern muß eine innere Verwandtschaft bestehen, und besonders ausgeprägt scheint sie bei Physikern zu sein. Einen weiteren Beweis erbrachten jetzt Wissenschaftler des Garchinger Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik. Vor gefülltem Saal spielte in Garching das Symphonieorchester unter Leitung von Wolfram Graul,das seit seiner Gründung 1985 auch Nicht-Wissenschaftler, Freunde und Bekannte aufgenommen hat. Eine besondere Formel machte das Konzert der „Physiker“ empfehlenswert: ihr ausgefallenes Programm, das man in den großen Münchner Konzertsälen vergeblich sucht, und hervorragende Gastsolisten, die von dem Laienorchester angemessen begleitet wurden. Eine Rarität in den Konzertsälen ist Johann Wilhelm Hertels Konzert für Trompete, Streicher und Continuo Nr. 2 in Es-Dur. Josef Bierlmeier, Solotrompeter beim Münchner Rundfunkorchester des Bayerischen Rundfunks, brillierte mit diesem beschwingten Werk im Stil der Frühklassik ebenso wie mit seiner Zugabe, der Trompetensuite von Johann Sebastian Bach. Auch der zweite Solist riß das Laienorchester zu beachtlichen Leistungen mit. Frank Reinecke am Kontrabaß, der die Garchinger selbst einige Zeit dirigierte, betrat mit „A little Concerto for Double Bass and String Orchestra“ von Jacob Gordon modernes Terrain: Der Bogen der dramatischen Effekte spannte sich von ätherisch flirrenden Geigenklängen zu silbrig-feinen Xylophontönen und dunklen Kontrabaßfarben. Hier zeigten die rund 40 Musiker große Sicherheit. Schwierige Bedingungen fanden sie allerdings im Saal vor, in dessen trockener Akustik nicht mal der kleinste Mißton verhallte. Und was die innere Verwandtschaft von Musikern und Wissenschaftlern betrifft: Ob es sich um Formeln oder Noten dreht, der größte gemeinsame Nenner liegt in der Ausdrucksstärke, und die stellte das Garchinger Orchester am Max-Planck-Institut einmal mehr unter Beweis.

Tonmeister am Pult

Kritik aus dem Münchner Merkur zum Sommerkonzert 1997
am 7. Juli 1997 im Garchinger Bürgerhaus
von icb

Die musikbegeisterten Professoren, Doktoren und Nicht-Wissenschaftler des Garchinger Orchesters am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik e. V. treffen sich einmal wöchentlich zur zweistündigen Konzertprobe im Heisenberg-Haus (siehe Bericht oben). Nach zwei Stunden intensiver Arbeit – schließlich hat man sich zum Ziel gesetzt, zweimal im Jahr ein Konzert aufzuführen – klingt die Probe in geselliger Runde mit Wurstsemmeln und Getränken aus. 40 Musiker gehören dem Ensemble an, 18 ist das jüngste, längst im Rentenstand das älteste Mitglied. „Die Institutsmitarbeiter haben wenig Zeit zum Üben“, erklärt die Lehrerin Monika Uhrich aus Garching, die seit etwa fünf Jahren im Orchester geigt, „aber mit ihrer Intelligenz machen sie das wett. Sie kapieren einfach schneller.“ Nach einigen Wechseln am Dirigierpult schwingt seit einem Jahr der 45jährige Wolfram Graul den Taktstock. Graul ist Tonmeister im Bayerischen Rundfunk, Pianist und „ein Riesengewinn“, wie Monika Uhrich betont. Nicht nur wegen seiner zügigen Proben, sondern auch, „weil er genau rüberbringen kann, wie ein Ton klingen soll.“ Der Tonmeister produzierte über hundert CDs mit bekannten Dirigenten wie Maazel, Kubelik, Solti oder Henze und renommierten Orchestern wie den Wiener Philharmonikern und dem Gewandhausorchester Leipzig. Im Dirigieren läßt Wolfram Graul sich von Colin Davis und Roberto Abbado unterrichten. Wer Interesse hat: Das Orchester sucht noch dringend Kontrabassisten; weitere Infos unter Tel. 089/320 55 93.

Winterkonzert 1997

Kritik in der Süddeutschen Zeitung

Temperamentvolles Orchester, souveräne Solistin

Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Winterkonzert 1997
am 6. Januar 1997 im Garchinger Bürgerhaus
von Gabriele Reichold

Das Garchinger IPP-Orchester gab ein viel beklatschtes Konzert mit Werken von Gluck und Beethoven Garching – Einen interessanten Einstieg ins Konzertjahr 1997 versprach das Garchinger Orchester am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik mit der Aufführung von Werken von Christoph Willibald Gluck, Max Bruch und Ludwig van Beethoven. Zahlreiche interessierte Zuhörer fanden am Dreikönigsabend den Weg ins Bürgerhaus, um das Orchester und als besondere Attraktion die junge Solistin Carolin Anne Widmann mit einem Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-Moll von Max Bruch zu hören. Der Spannungsbogen des Konzerts reichte von der langsamen, gefühlvollen Einleitung mit der Ouvertüre zur Oper „Iphigenie in Aulis“ über den Auftritt der technisch perfekten und souveränen Solistin zur seltener gespielten 8. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Dramatisch, mit viel „Herzeleid“ versehen ist die Oper von Christoph Willibald Gluck. Nach Richard Wagner ist die langsame Einleitung der Ouvertüre ein „Anruf aus schmerzlichem, nagenden Herzensleiden“. So interpretierte wohl auch Wolfram Graul das Stück. Die Seelenqual des Vaters, der sein Kind nicht opfern will, wird musikalisch in großartiger Weise ausgedrückt. Das kräftige Unisono der Streicher gegenüber den klagenden Oboen veranschaulicht das klassische Drama. Die Streicher waren in ihrer Einstimmigkeit konsequent und überzeugend. Nach anfänglichen kleinen Ungenauigkeiten bei den Einsätzen wurde die Ouvertüre von Wolfram Graul zu einem herrlichen Dialog der Bläser mit den Streichern geführt. Max Bruch (1838-1920) war zwar ein vielbeschäftigter Komponist, seine Werke werden heute jedoch selten gespielt. Das Violinkonzert in g-Moll entstand 1866 und wurde damals dem Meister-Geiger Joseph Joachim gewidmet. Es erfreut sich beim Publikum, laut Programmheft, großer Beliebtheit durch die effektvolle Melodik und die raffinierte Klangwirkung. Carolin Anne Widmann, 1976 in München geboren, ist eine vielfach ausgezeichnete Preisträgerin. So gewann sie z.B. 1989 und 1990 den 1. Preis von „Jugend musiziert“ oder den 3. Preis bei „Yfrah Neaman“ und den „Leopold Mozart“-Preis. Bereits mit 14 Jahren war sie Jungstudentin an der Staatlichen Hochschule für Musik in München bei Prof. Kurt Guntner. Derzeit studiert sie bei Michele Auclair in Boston. Sie überzeugte durch technische Präzision, virtuose Spieltechnik und eine ganz besondere Klangfülle. Mit Temperament und Musikalität meisterte sie die technisch schwierigen Passagen in den beiden Allegro-Sätzen. Die Fülle der rhythmischen, melodischen und harmonischen Einfälle Bruchs ist groß und gerade im letzten Satz „Allegro energico“, konnte die Solistin sie mit ihrem Instrument wirkungsvoll übersetzen. Getragen vom Orchester durfte sie ihre ganze Klangfülle beim Adagio besonders berührend unter Beweis stellen. Der Klang ihrer italienischen Meistergeige kam dann ausdrucksstark zur Geltung. Carolin Anne Widmann erhielt großen Applaus für ihre hervorragende Darbietung. Nach der Pause stand Ludwig van Beethovens 8. Symphonie F-Dur op. 93 auf dem Programm. Die 8. Symphonie entstand in den Jahren 1811/12, und das damalige Publikum zeigte wenig Verständnis für die lyrisch-liedhafte Thematik. Die Wiener Musikfreunde schwärmten damals eher für martialische Klänge. Beethoven war wohl schwer verliebt, denn auch die berühmten Briefe an die „Unsterbliche Geliebte“ die 1812 zwar geschrieben, aber nie abgeschickt wurden, stammen aus jener Zeit. Beethoven fügte vermutlich aus dieser fröhlichen und heiteren Stimmung heraus auch anstelle eines eher besinnlichen, langsamen Satzes, ein besonders flottes Allegretto scherzando ein. Das Garchinger IPP-Orchester zeichnete sich insgesamt bei diesem Konzert aus durch saubere Intonation, Präzision und durch die Freude am Zusammenspiel. Für die Zuhörer war es ein interessanter Konzertabend und eine ausgezeichnete Vorstellung des Garchinger Orchesters im Bürgerhaus. Daher wäre es sicher für die Besucher interessant gewesen, zu erfahren – auch im Programmheft, neben den Informationen über Solistin und Dirigent-, wer eigentlich im Orchester alles mitwirkt.

Kritik im Münchner Merkur

Wehmütige Geigenklänge schweben losgelöst im Raum

Traditionelles Winterkonzert des Max Planck-Orchesters war ein schönes Musikerlebnis

Kritik aus dem Münchner Merkur zum Winterkonzert 1997
am 6. Januar 1997 im Garchinger Bürgerhaus

Garching (dia) – Das „Garchinger Orchester am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik“ gab sein traditionelles Winterkonzert im Garchinger Bürgerhaus und sorgte damit für ein wohlklingendes, schönes Konzerterlebnis. Das Orchester feierte letzten Sommer bereits sein zehnjähriges Bestehen. Gegründet wurde es anläßlich der 25-Jahrfeier des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik von einem Kreis dort tätiger Hobby-Musiker. Was ursprünglich zur musikalischen Untermalung der Feier gedacht war, entwickelte sich bald zu einem festen Orchester, bei dem längst nicht mehr ausschließlich Mitarbeiter des Instituts spielen. „Seither gab es immer wieder Bestrebungen den Namen zu ändern“, entschuldigte sich Cosima Schuster, ehemalige Bratschistin des Orchesters, die für den Kartenverkauf zuständig war, für den etwas umständlichen und verwirrenden Namen, „aber die Leute vom Institut für Plasmaphysik sind immer noch dagegen.“ Das Orchester gibt inzwischen regelmäßig zweimal im Jahr ein großes Konzert, für das sich die Laien-Musikanten gerne Verstärkung von Profis holen: Dirigent Wolfram Graul arbeitet hauptberuflich für den Bayerischen Rundfunk, und hat als musikalischer Aufnahmeleiter schon mit so bekannten Musikern wie den Wiener Philharmonikern oder Placido Domingo zusammengearbeitet. Eröffnet wurde der Abend mit der Ouvertüre „Iphigenie in Aulis“ von Willibald Gluck. Die 1774 uraufgeführte Oper behandelt einen Stoff aus der griechischen Mythologie: Während des trojanischen Krieges verlangt die erzürnte Göttin Artemis von Agamemnon die Opferung seiner geliebten Tochter Iphigenie. Die Ouvertüre beschreibt in vier Themen die Gefühle der Betroffenen: Den Schmerz des Vaters, den Zorn der Göttin, die Unschuld Iphigeniens und das schmerzliche Mitleiden. Star des Abends war eindeutig die Violistin Carolin Widmann, die beim nächsten Stück, Max Bruchs „Konzert für Violine und Orchester in g-moll“, den Solo-Part übernahm. Die heute 21jährige spielt seit ihrem sechsten Lebensjahr Geige und wurde bereits mit 14 Jahren als Jungstudentin an der Musikhochschule in München aufgenommen. Unter anderem erhielt sie 1994 den Kulturförderpreis der Stadt München. Das Violinkonzert von Max Bruch ist bei Geigern beliebt, da sie ihr virtuoses Spiel besonders effektvoll zur Schau stellen können. Widmann entlockte ihrer Geige wehmütige, fast sphärische Klänge, die losgelöst von der Orchesterbegleitung, frei durch den Raum zu schweben schienen. Abgeschlossen wurde das gut besuchte Konzert mit Beethovens berühmter achter Sinfonie.