Sommerkonzert 1998
Kritik in der Süddeutschen Zeitung
Elegien, die triumphal enden
Garchinger Sinfonieorchester überzeugt als Partner der Pianistin Kasuko Uzaka
Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Sommerkonzert 1998
am 16. Juli 1998 im Garchinger Bürgerhaus
von Adolf Karl Gottwald
Garching – Elegisch begann das Konzert des Garchinger Sinfonieorchesters im Bürgerhaus, um triumphal zu enden. „Elegische Melodien“ op. 34 und „Åses Tod“ aus der „Peer-Gynt-Suite“ op. 46 von Edvard Grieg waren für die Streicher dieses aufstrebenden Laienorchesters die Gelegenheit, sich als Ensemble der reinen Intonation und des wohlausgeglichenen Klanges zu präsentieren. „Herzwunden“ und der (offenbar von einem Paar in Trennung erlebte) „Frühling“ – so die Titel dieser beiden elegischen Melodien – wurden über das Spieltechnische hinaus musiziert, daß sich der tiefe Gefühlsgehalt mitteilen konnte. Die Steigerung der Spielkultur und vor allem die auffallend gute klangliche Ausgewogenheit sind offenbar das Verdienst des derzeitigen Dirigenten des Garchinger Sinfonieorchesters, Wolfram Graul. Als Tonmeister beim Bayerischen Rundfunk hat er natürlich ein besonders gut geschultes Gehör dafür. Aber auch Grauls Schlagtechnik ist von professioneller Genauigkeit und Souveränität. Das zeigte sich am meisten bei der Aufführung der Sinfonie C-Dur KV 425, der „Linzer Sinfonie“ von Mozart. Und auch hier brachte er viel mehr über die Rampe als Routine. „Die langsame Einleitung mit ihrem Übergang von spannendem Pathos zu träumerischem Sinnen und die rauschende Forte-Wiederholung des im übrigen echt Mozartschen Allegrothemas“ (Hermann Abert) wurden in allen Nuancen sehr schön ausmusiziert, und die „bisweilen geradezu demonstrativen Äußerungen der Kraft“ (Abert) hatten in dieser Aufführung ihr Maß und ihr Gewicht und hielten sich in der Balance mit den ruhigen, besinnlichen Passagen. Wolfram Graul hat auch für die dynamischen Entwicklungen und Kontraste ein Ohr, und das Garchinger Sinfonieorchester ist inzwischen so geschult, daß es die Partitur in ausgefeilter Dynamik in Musik umsetzen kann. Graul setzte differenzierte Akzente (vor allem im zweiten Satz), das Orchester führte sie ebenso differenziert aus, und der Wechsel der Stimmungen kam deutlich zum Ausdruck. Normalerweise steht die Sinfonie, noch dazu ein Werk von soviel instrumentalem und musikalischem Glanz wie Mozarts „Linzer Sinfonie“, als das glänzendste Instrumentalwerk am Ende eines Konzertabends; hier aber füllte das 3. Klavierkonzert von Beethoven als noch effektvolleres Werk den zweiten Teil des Programms. Die Entscheidung, nicht (wie üblich) die große Sinfonie sondern ein Instrumentalkonzert an den Schluß zu setzen, hängt sicher damit zusammen, daß man für dieses Konzert mit Kasuko Uzaka eine glänzende Pianistin engagiert hatte, die mit ihrer sowohl spieltechnisch als auch musikalisch grandiosen Wiedergabe des 3. Klavierkonzerts das Publikum begeisterte. Kasuko Uzaka stellte dabei aber nicht ihr virtuoses Können in den Vordergrund, sondern spielte mit sehr kernigem Ton und Temperament urwüchsig, ohne Effekthascherei, was ihre Brillianz des pianistischen Anschlags wie der Interpretation umso sicherer zu Wirkung kommen ließ. Pianistin und Orchester versuchten auch nicht, in dieses Klavierkonzert etwas hineinzuinterpretieren, was hier noch nicht zu finden ist, etwa die sehr persönliche Aussage des 4. und 5. Klavierkonzerts. Man konnte an diesem Abend Beethovens c-Moll-Klavierkonzert als das hören, was es ist: Im Ausdruck Beethoven, in der Anlage der Sätze sowie im Einsatz des Klaviers im Wechsel mit den Orchester-Ritornellen die von Mozart entickelte Form, die Beethoven unverändert übernommen hat. Das Garchinger Sinfonieorchester unter Wolfram Graul war nicht nur Begleiter sondern auch Partner einer hervorragenden Pianistin, deren Temperament und Ausstrahlung sich sowohl dem Publikum als offenbar auch dem Orchester mitteilte.
Kritik im Münchner Merkur
Streicher erzählen vom norwegischen Frühling
Garchinger Sinfonieorchester des IPP begeistert sein Publikum
Kritik aus dem Münchner Merkur zum Sommerkonzert 1998
am 16. Juli 1998 im Garchinger Bürgerhaus
von Herwig Slezak
Garching – Eine begeisternde Vorstellung des Garchinger Sinfonieorchesters unter Leitung von Wolfram Graul erlebten die Zuhörer im Bürgersaal. Höhepunkt am Donnerstag Abend war der Auftritt der 28jährigen Pianistin Kasuko Uzaka Die Japanerin überzeugte als Solistin bei Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-moll op. 37. Eröffnet hatten die Streicher des Sinfonieorchesters am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik den Abend mit den Elegischen Melodien op. 34 von Edvard Grieg: Der Himmel hing voller Geigen, als die Streicher vom Frühling erzählten. Auch bei der verhältnismäßig flott vorgetragenen Interpretation von Griegs Åses Tod, einem Auszug aus den bekannten Peer-Gynt-Suiten, glänzten die Streicher des Garchinger Ensembles. Bei Wolfgang Amadeus Mozarts Linzer Sinfonie in C-Dur (KV 425) gesellten sich die Bläser zu den Streichern, und Dirigent Wolfram Graul führte nun etwa 50 Musiker zu einem besonderen Vortrag der Komposition. Graul arbeitete in seiner Laufbahn bereits mit Stars wie dem Sänger Placido Domingo und bedeutenden Ensembles wie dem Leipziger Gewandhausorchester zusammen. Bereits seit 22 Jahren ist der 47jährige Diplom-Tonmeister. Seit 20 Jahren arbeitet der Dirigent des Garchinger Sinfonieorchesters für den Bayerischen Rundfunk und hat bereits über 100 CD-Aufnahmen produziert. Im beliebten und temperamentvollen dritten Satz von Beethovens drittem Klavierkonzert schwang sich das Orchester dazu auf, es der virtuos, aber nicht affektiert spielenden Pianistin Kasuko Uzuka gleichzutun. Für ihre Interpretation des Klavierkonzerts erhielten Dirigent, Orchester und Solistin ein Bravo und lang anhaltenden Applaus, und die 28jährige Pianistin gab daraufhin noch eine Zugabe. Kazuko Uzaka studiert an der Münchner Musikhochschule in der Meisterklasse. In Japan konzertierte sie bereits mit dem Tokyo-Sinfonie-Orchester, einem der bedeutendsten Ensembles ihres Heimatlandes. Die Pianistin wurde bereits bei zahlreichen Musikwettbewerben ausgezeichnet; erst kürzlich erhielt sie den dritten Preis bei einem internationalen Klavierwettbewerb in Paris.
Winterkonzert 1998
Kritik in der Süddeutschen Zeitung
Virtuose Capricen
Symphoniekonzert mit Carolin Anne Widmann
Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Winterkonzert 1998
am 13. Januar 1998 im Garchinger Bürgerhaus
von Klaus Kalchschmidt
Garching – Die 22jährige Carolin Anne Widmann ist eine ebenso sympathische wie beeindruckende Erscheinung auf dem Podium. Nichts zeugt vom Hochmut einer Virtuosin, stattdessen sieht – und vor allem hört – man den großen Ernst einer Versenkung in Musik, die alle Energie aufbraucht. Caroline Anne Widmann fordert sich selbst und ihrer Geige dabei manchmal einen Ton ab, dem keine so unbedingte Intensität innewohnen müßte. Doch geschieht dies nur ganz selten. Ansonsten verblüfft die junge Geigerin mit einem schlanken, aber dennoch großen Ton im Violin-Konzert von Peter Tschaikowsky. Sie kann diesen Klang immer wieder und ohne Bruch in ein piano zurücknehmen, dem nichts klebrig Süßes anhaftet. Das Garchinger Symphonieorchester hatte mit der Begleitung gerade dieses Konzerts und einer so jungen Solistin eine enorme Verantwortung. Denn die verschiedenen konzertanten Soli mit der Geige wollen auch musikalisch gefüllt sein. Und Tempo wie Gestus eines Solisten zu folgen, ist auch nicht immer leicht. Von manchmal etwas langsam genommenen Abschnitten im anfänglich oft gemächlich statt „gemessen“ klingenden Allegro moderato abgesehen, begleitete das Garchinger Orchester solide und trug seine Solisten, wenn schon nicht auf Samtkissen, so doch auf sehr verläßlichen Händen. Carolin Anne Widmann dankte dem begeisterten Applaus im vollbesetzten Bürgerhaus mit aberwitzig virtuosen Capricen von Sarasate, die dem Pubikum noch einmal die technischen und musikalischen Fähigkeiten eines wirklich vielversprechenden Talents zeigten. Diesem Eindruck nach der Pause eine Steigerung folgen zu lassen war kaum möglich. Der Beginn von Antonín Dvoráks Symphonie Nr. 8 in G-Dur klang dicht, der gesamte erste Satz war kompakt durchgestaltet und durchaus graziös kam der Walzer des dritten daher. Doch vor allem in der spannungsvollen Durchgestaltung leiser Partien mußten doch auch ein paar Abstriche gemacht werden. Intonation und Zusammenspiel ereichten unter Einstudierung und Leitung von Wolfram Graul zwar ein gutes Niveau, doch im Finale stand manchmal der etwas derbe, bodenständige Glanz im Vordergrund. Die Akustik des Bürgerhauses fängt von dieser Direktheit freilich nichts auf, sondern verstärkt sie noch und jede nicht ganz legato gespielte Phrase, jeder kleine Aussetzer, jeder Durchhänger im Spannungsbogen wird über Gebühr hörbar.
Kritik im Münchner Merkur
Violin-Solistin reißt das Orchester mit
Kritik aus dem Münchner Merkur zum Winterkonzert 1998
am 13. Januar 1998 im Garchinger Bürgerhaus
von Claudia Erl
Garching – Garching – Leise Querflötentöne, die aus der Künstlergarderobe des nahezu ausverkauften Garchinger Bürgersaales zu den Ohren des Publikums vordrangen, ließen das typische vorkonzertliche Gemurmel für Momente verstummen. Mit leichter Verspätung, bezeichnenderweise genau um die akademische Viertelstunde, betrat das Garchinger Sinfonieorchester des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik den bereits in Faschingsdekoration glänzenden Raum. Mit stürmischem Beifall wurden anschließend Dirigent Wolfram Graul und die Violin-Solistin des Abends, Carolin Anne Widmann, empfangen. Die 21jährige Münchnerin, die bereits seit über einem Jahr in Boston studiert und festes Mitglied des Metamorphoses Chamber Orchestra in New York ist, verband ihren „Heimaturlaub“ mit einem Gastkonzert in Garching. Bereits letztes Jahr konnte der aufstrebende Violin-Jung-Star die Garchinger Klassikliebhaber auf der italienischen Meistergeige überzeugen. Am Dienstag nun interpretierte sie Peter Iljitsch Tschaikowskis Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35, welches bereits kurz nach seiner Entstehung im Jahre 1879 von Dirigenten und Geigern boykottiert wurde, da es ihnen als übermäßig schwer erschien. Keinesfalls zu schwer erwies sich dieses Stück allerdings für Carolin Anne Widmann, die durch ihr souveränes, temperamentvolles Spiel voll zu überzeugen wußte. Damit begeisterte sie nicht nur das Publikum, sondern riß auch das Orchester, das wohlgemerkt nur aus Laien besteht, zu Bestleistungen hin. Während die filigrane junge Frau ihre Geige beinahe zu liebkosen schien, legten die Musiker einen weichen, harmonischen Teppich für die verspielte Fingerakrobatin. Als die letzten Töne des Finales verklungen waren und sich die Michele-Auclair-Schülerin die durch ihr leidenschaftliches Spiel aus dem Zopf gelösten Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, entbrannten unter den Garchingern wahre Applaussalven, und der Saal vibrierte unter den trampelnden Füßen. Erst als Carolin Anne Widmann noch einmal bei einer Zugabe eine Kostprobe ihres Könnens gab, entließ sie die begeisterte Zuhörerschaft, um dem Orchester bei der folgenden Antonin Dvorak-Sinfonie zu lauschen.