Sommerkonzert 2002

Kritik in der Süddeutschen Zeitung

Musikalisches Kleinod mit Seltenheitswert

Garchinger Sinfonieorchester rückt unbekanntes Berlioz-Werk in den Mittelpunkt

Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Sommerkonzert 2002
am 3. Juli 2002 im Garchinger Bürgerhaus
von Anna Demmel

Garching – Der Komponist Hector Berlioz hatte es zu Lebzeiten alles andere als leicht: Seine Kompositionen wurden in Frankreich nicht verstanden, sie waren zu revolutionär. Er erntete damals für seine Arbeit fast nur erbitterte Kritik – ganz im Gegensatz zu heute. Am Mittwochabend war im Garchinger Bürgerhaus ein wunderschönes, aber eher unbekanntes Werk von Berlioz zu hören: Die „Rêverie et Caprice op. 8“ für Violine und Orchester. Aufgeführt wurde das Stück, neben je einem Werk von Robert Schumann und Wolfgang Amadeus Mozart, vom „Garchinger Sinfonieorchester“ und der Geigerin Carolin Anne Widmann unter der Leitung von Wolfram Graul. Die Solistin, in Fachkreisen längst als Geheimtipp gehandelt, begeistert mit ihrem wunderbar warmen und vollen Ton und zeigt sich beeindruckend virtuos. Ihre Interpretation der „Rêverie et Caprice“ ist sensibel und drückt vielfältigste Gefühle aus. Die 26-jährige Violinistin spielt temperamentvoll und sehr musikalisch. Dynamisch differenziert sie sehr fein, ihre Artikulation ist immer passend, abwechslungsreich und unterstreicht den Charakter der jeweiligen Passage. Sehr beeindruckend ist auch das „Konzert in D-Dur“ für Violine und Orchester von Wolfgang Amadeus Mozart. Widmann brilliert mit Virtuosität, Gefühl und sehr einfallsreichen und ausdrucksvoll dargebotenen Kadenzen. Das Zusammenspiel mit dem Orchester klappt wunderbar: Solistin und Orchester bilden eine musikalische Einheit, reagieren gut aufeinander. So entsteht ein durchweg harmonischer Eindruck. Das Orchester zeichnet sich besonders durch deutliche Phrasierung aus, die den Stücken Form gibt, und durch die feinfühlig eingesetzte Dynamik und Artikulation. Trotz Virtuosität der Musiker hat man ab und zu leider das Gefühl, dass gerade bei schnellen Passagen innerhalb des Orchesters die Präzision fehlt. Dennoch: Wenn Hector Berlioz dieses Konzert in Garching hätte hören können, dann hätte er sicher Grund zur Freude gehabt: Zum Einen natürlich weil das Publikum von seiner „Rêverie et Caprice“ begeistert war, und zum Anderen ganz einfach wegen der so seelenvollen Interpretation seines Werkes.

Kritik im Münchner Merkur

Pure Spielfreude

Solistin Carolin Anne Widmann begeistert die Garchinger

Kritik aus dem Münchner Merkur zum Sommerkonzert 2002
am 3. Juli 2002 im Garchinger Bürgerhaus

Garching (mf) – Es geht doch nichts über wohlig-warme, einhüllende Klänge von Wolfgang Amadeus Mozart – vor allem, wenn’s draußen regnet und saukalt ist. Das Garchinger Sinfonieorchester am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik startete da genau mit dem richtigen Werk in den festlichen Konzertabend und bot Mozarts Konzert in D-Dur für Violine und Orchester. Drei Sätze lang wurde dem Publikum damit ein Werk aus dem Jahr 1775 vorgestellt, bei dem der damals 19-jährige Mozart quasi umsattelte und französische Elemente aufnahm: Marschähnliche Klänge enden in einem französisch angehauchten Rondo. Der munteren Einstimmung folgte ein weiterer Ohrenschmaus, bei dem Solistin Carolin Anne Widmann im Mittelpunkt stand. Die Violinistin interpretierte Hector Berlioz‘ „Rêverie et Caprice op. 8“ gefühlsintensiv. Und das ist kein einfaches Unterfangen, denn nicht selten spielte der Komponist Berlioz mit Asymetrie und abrupten Brüchen, die sich mit melodiösen Passagen abwechseln. Hervorragend ergänzten sich bei dem 1841 komponierten Stück die Spielfreude der Solistin und des Orchesters. Die erst 26-jährige Carolin Anne Widmann ist den Garchingern bereits von mehreren Konzerten mit dem Garchinger Sinfonieorchester bekannt und die Künstlerin bewies erneut, dass sie zurecht mehrere Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben gewonnen hat (wir berichteten). Demnächst bricht sie zu einer großen Asien-Tournee auf. Die Garchinger erwartete beim Konzert aber noch ein Höhepunkt: Die Rheinische Sinfonie ist ein richtiges Meisterwerk von Robert Schumann. Es geht so richtig ins Ohr und bietet viel Abwechslung: Mal lebhaft, mal besinnlich und auch mal fröhlich – das 1850 komponierte Orchesterwerk ist immer noch wunderschön und voller Leichtigkeit. Ein Stück, bei dessen wechselnden Tempi Wolfram Grauls Geschick als Leiter des Orchesters deutlich wurde: Engagiert und einfühlsam führte er die Musiker durch das Werk, das trotz einiger mäßig-schnellen Passagen von seiner Beschwingtheit nichts verlor.

Winterkonzert 2002

Kritik in der Süddeutschen Zeitung

Versierter Klangkörper

Strauss und mehr: das Garchinger Sinfonieorchester

Kritik aus der Süddeutschen Zeitung zum Winterkonzert 2002
am 26. Januar 2002 im Garchinger Bürgerhaus
von Adolf Karl Gottwald

Garching – „Es blies ein Jäger wohl in sein Horn, und alles, was er blies, das war verlorn“, heißt es in einem alten Volkslied. Das gilt aber nur für musikalisch dilettierende Jäger. Im Bürgerhaus Garching blies Franz Draxinger, Solohornist im Münchner Rundfunkorchester, in sein Horn, und alles, was er blies, war großer Gewinn. Hornkonzerte von Strauss Vater und Sohn standen auf dem Programm. Hört man „Strauss Vater und Sohn“, so denkt man sogleich an die Wiener Strauß-Dynastie, an Johann Strauß Vater und Sohn. Aber auch der berühmte Münchner Strauss, Richard Strauss, hatte einen Berufsmusiker als Vater: Franz Strauss, seines Zeichens Waldhornvirtuose der damaligen Königlich Bayerischen Hofkapelle und als bester Hornist seiner Zeit bekannt. Seine beste Komposition ist sein Hornkonzert c-Moll op. 8, das Draxinger unmittelbar vor dem Hornkonzert Es-Dur op.ll von Richard Strauss blies. Zuerst war die großartige Leistung zu bewundern, zwei wahrlich „ausgewachsene“ Hornkonzerte ohne Pause hintereinander zu blasen, sodann war es das absolut souveräne Auftreten und Musizieren Draxingers und zum dritten das engagierte und versierte Begleiten des Garchinger Sinfonieorchesters. „Versiert“ und „Laienorchester“ sind Begriffe, die eigentlich nicht zusammenpassen, aber das Garchinger Sinfonieorchester ist unter der Leitung von Wolfram Graul tatsächlich zu einem versierten Klangkörper geworden, der sich sogar spieltechnisch Kniffliges zutrauen kann. Also ist alles das, was Wolfram Graul diesem Laienorchester „einblies“ oder mit anderen Methoden (sicher auch mit Geduld) beibrachte, nicht verloren. Das Garchinger Sinfonieorchester verdankt ihm einen beträchtlichen Aufschwung. Natürlich war es spannend, die Hornkonzerte von Vater und Sohn Strauss hintereinander zu hören, zumal sich das 1883 veröffentlichte erste Hornkonzert von Richard Strauss deutlich auf das Konzert seines Vaters bezieht. Das Hörerlebnis ist im Programmheft mit einem einzigen Satz treffend beschrieben: „Sehr schön lässt sich hörend nachverfolgen, wie aus einem gefälligen Virtuosenstück des Vaters beim Sohn ein geniales Meisterwerk geworden ist.“ Der zweite Teil des Konzertabends war Jean Sibelius gewidmet. Waren in der „Karelia-Suite“ eingängige finnische Melodien zu genießen, so war der vom Salonorchester her bekannte „Valse triste“, vom großen Orchester mit fast samtenem Streicherklang gespielt, Nostalgie pur und bei der symphonischen Dichtung „Finlandia“ schmetterte Vaterlandsliebe aus schwerem Blech. Lustig zu lesen, dass sie für eines der „Feste für den Pensionsfonds der Journalisten“ geschrieben wurde. Die Aufführung des Garchinger Sinfonieorchesters beeindruckteso sehr, dass sie komplett wiederholt werden musste. Die Ouvertüre zur „Zauberflöte“ zu Beginn des Konzerts war ein sehr schweres, aber auch sehr schönes Einspielstück in die weihevolle Tonart Es-Dur.

Kritik im Münchner Merkur

Einfach sensationell

Sinfonieorchester präsentiert sich im Bürgerhaus in Hochform

Kritik aus dem Münchner Merkur zum Winterkonzert 2002
am 26. Januar 2002 im Garchinger Bürgerhaus
von Robert Klimesch

Garching – In Hochform präsentierte sich das Garchinger Sinfonieorchester am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik unter seinem Dirigenten Wolfram Graul mit bunten Preziosen der „S-Klasse“. Selten zu hören, beseelt gespielt: Das Hornkonzert op.8 von Franz Strauss. Einfach sensationell: Das erste Hornkonzert von Richard Strauss mit dem Solisten Franz Draxinger. Schnörkelloses skandinavisches Sentiment, solide dargeboten: Drei symphonische Dichtungen von Jean Sibelius (Karelia, Valse triste, Finlandia). Der Konzertabend im Garchinger Bürgerhaus begann mit der Ouvertüre zu Mozarts meistgespielter Oper „Die Zauberflöte“. Dieser Einstieg hätte wohl Franz und vor allem Richard Strauss bestens gefallen. Denn für Richard Strauss gab es kein größeres musikalisches Vorbild als Mozart und kein größeres künstlerisches Vergnügen, als dessen Opern zu dirigieren. Franz Strauss, Vater von Richard, erster Solohornist der Münchner Hofkapelle und einer der am meisten gefeierten Hornvirtuosen seiner Zeit, schrieb sich das Hornkonzert op. 8 quasi auf den Leib. Zungenbrecherische, artikulatorisch vertrackte Läufe verlangen von einem Hornsolisten die meisterliche Beherrschung seines Instruments. Franz Draxinger, stellvertretender Solohornist des Münchner Rundfunkorchesters und Solist dieses Konzertabends, nahm all diese Hürden, auswendig spielend, mit bewundernswerter Bravour. Im ersten Satz verstand sich das begleitende Orchester nur als bescheidener Widerpart zum Solisten, weshalb der musikalische Eindruck eher lyrisch und weniger markig beziehungsweise konzertant war. Das im piano anhebende „con espressione“ des Mittelsatzes interpretierte der Solist hingegen mit beherztem Spiel, wodurch dieser Satz insgesamt weniger romantisch liedhaft wirkte als bei anderen Künstlern. Gleich im Anschluss an diese erste virtuose Darbietung legte Franz Draxinger noch eins drauf. Forsch, aufgeweckt und nahezu mühelos trug er das erste Hornkonzert op.11 vor, Richard Strauss‘ Hommage an seinen Vater, eines der schönsten aber auch schwierigsten Stücke des gesamten Hornrepertoires. Auch der Orchesterpart gehört zur musikalischen Oberliga. Durchweg anerkennenswert waren die Leistungen aller Orchestergruppen. Besonders der Mittelsatz gelang ganz famos. Der zweite Teil des Abends versprach mit den nationalen Tondichtungen des finnischen Komponisten Jean Sibelius, eines Altersgenossen von Richard Strauss, einen weiteren Höhepunkt. Das Orchester hatte dafür seine Blechbläsergruppe von vier auf elf Spieler verstärkt. Doch nun hätte die Valse triste (aus der Bühnenmusik zu Arvid Järnefelts Drama Kuolema) an den Anfang gehört. Denn mit ihrem einschmeichelnden melancholischen Ton vermag sie den Hörer behutsamer in Sibelius‘ neue Klangwelt einzuführen. Dem Orchester unter seinem Dirigenten Wolfram Graul gelang dieses Stück unvergleichlich gut. Vor allem aber gehören die Karelia-Suite op.ll und Finlandia op.26 musikalisch wie thematisch zusammen. Finlandia war ursprünglich sogar Teil der Karelia-Schauspielmusik. Das Blech verströmte im Intermezzo der Karelia-Suite einen warmen, sonoren Wohllaut; anrührend schön gelang dem Englischhorn seine Kantilene über den herrlichen Pizzikati der Kontrabässe in der Ballade (2.Satz). Das eigentlich beschwingte „alla marcia“ (3.Satz) blieb hingegen, im Tempo leicht zurückgenommen, fast leblos. Zu manch anderem Moment des Konzertabends war ein kleiner Mangel an befreit musikalischem Aufspielen nachzusehen, doch gerade hier vermisste man etwas mehr Verve bei den Streichern. Zum Ende ließ das Orchester jedoch mit Finlandia noch einmal seine Muskeln spielen: Erratische Harmonieblöcke des Blechs, schön intonierte Holzbläserakkorde, dramatisch sich aufbauende Klangwellen des Streicherchors.